Solidaritätsmanagement bringt Unternehmen nach vorn
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie betreffen jeden Menschen, alle Lebensbereiche, auf der ganzen Welt. Wer kann, der arbeitet im Home Office, unterrichtet gleichzeitig vielleicht die Kinder zuhause. In der Öffentlichkeit halten wir uns voneinander fern, Treffen mit Kollegen, Freunden und Familie fast unmöglich. Wie verkraften die Menschen, Unternehmen und die Gesellschaft das Social Distancing? Wir brauchen alle in schwierigen Zeiten das Gefühl, nicht alleine zu sein. Denn wahre Freunde erkennt man leichter, wenn das Leben schwer ist, sie lassen dich nicht im Stich, kochen Kaffee, setzen sich zu dir und suchen gemeinsam eine Lösung. Doch wie schaffen wir Nähe ohne uns nahe zu kommen?
Ein Interview zum Solidaritätsmanagement mit Minou Tikrani, Geschäftsführerin der Konstruktiv PR-Beratungsgesellschaft
Was haben Unternehmen mit Freundschaften zu tun? Ist nicht der Wettbewerb im Wesen eines Unternehmens? Ist es nicht super, wenn die Konkurrenz aus dem Weg geräumt ist? Sollten Unternehmen nicht immer an sich selber zuerst denken, um zu überleben?
Erstens: Mit Freunden etwas zu unternehmen bringt in der Regel mehr: mehr Spaß, mehr Erkenntnis, mehr Gewinn. Zweitens: Gesunder Wettbewerb und Freundschaft schließen sich nicht aus – im Gegenteil, nur wer seinen Gegner hoch schätzt, bringt es zu Höchstleistungen. Drittens: Konkurrenz belebt das Geschäft – das ist nicht nur ein alter Spruch sondern eine Wahrheit. Nur ein starker Wettbewerb bringt einen stabilen Markt hervor – mit mächtigen Unternehmen, mit starken Zulieferern und Dienstleistern, mit einer kräftigen Kundschaft.
Wird dieses Öko(nomie)-System aus dem Gleichgewicht gebracht, werden alle Beteiligten krank, schwach und der Markt bricht zusammen. Es gilt also viertens: Unternehmen tun sich langfristig den größten Gefallen, wenn sie ganzheitlich denken, an ihre Vernetzung mit den äußeren Strukturen wie bspw. das Zusammenspiel der Geschäftsbeziehungen, eine funktionierende Gesellschaft, an die Umwelt etc..
Corporate (Social) Responsibility (CSR) und oder Corporate Citizenship (CC) ist in vielen Unternehmen bereits seit Jahren ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie. Wie kann Solidarität noch einen Mehrwert bringen?
Die Gegenfrage: Wird die soziale Verantwortung von Unternehmen mit Sponsoring, Spenden und Stiftungen sinnvoll umgesetzt? Oder ist sie oft nicht mehr als ein Feigenblatt, nicht mehr als ein sozialer Anstrich? Nach Definition der Europäischen Kommission bedeutet CSR, „auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. Häufig stehen die unternehmerischen Belange dabei zu sehr im Vordergrund und die Nachhaltigkeit spielt eher ein untergeordnete Rolle. CSR als Marketinginstrument oder zum Reputationsmanagement eingesetzt schafft keine belastbaren Beziehungen, schon gar nicht zur Gesellschaft. Da ist bei vielen Unternehmen noch Luft nach oben.
Was hat CSR mit COVID-19 zu tun?
In dieser weltumspannenden Krise zeigt sich, wer in der Lage ist, mit dem richtigen Solidaritätsmanagement eine bedeutende Rolle zu spielen und stark aus der Krise hervorzugehen. Diese Unternehmen werden in Zukunft einen starken Gestaltungsspielraum haben.
Hätte richtiges verantwortungsvollen Handeln die Corona-Krise verhindern können?
Nein, das natürlich nicht. Solche Krisen lassen sich in einer derart komplexen, globalen Welt weder vorhersehen noch verhindert. Wichtig ist, dass wir uns in ruhigen Zeit auf solche Situationen vorbereiten, dass wir Beziehungen aufbauen, Solidargemeinschaften bilden. Es muss ja nicht immer eine Pandemie sein, mit Solidarität lassen sich auch lokale Katastrophen überstehen.
Hätten sich Unternehmen besser auf die Corona-Pandemie vorbereiten können?
Ja! Krisenmanagement bedeutet vor allem Vorbereitung auf die Krise. Sicher konnte keiner ahnen, wie ein neuartiges Coronavirus aussehen wird, doch dass es eines geben wird, war ziemlich sicher. Auch das Ausmaß hat sich niemand so vorgestellt. Doch in der Krisenforschung und in Katastrophenplänen ist ein Lockdown ein fester Bestandteil von Szenarien und in der Politik nicht unbekannt. Eine engere Zusammenarbeit über alle Disziplinen hätte Unternehmen besser vorbereiten können. Damit zeigt sich, dass Krisenmanagement auch Solidaritätsmanagement und damit ein Teile der Unternehmensverantwortung für die Gesellschaft ist.
Kommen Unternehmen mit Solidarität besser durch die Krise?
Ja – auf jeden Fall! Gegenseitige Unterstützung, faires Verhalten, an einem Strang ziehen, gebündeltes Know-how und gebündelte Fähigkeiten führen immer zu besseren Ergebnissen als Einzelkämpfertum und Egoismus.
Geht es Unternehmen, die sich in einer Krise solidarisch zeigen, danach besser als anderen?
Nicht zwangsläufig, langfristig auf jeden Fall. Ein Einsatz zum Wohle aller wird von der Gesellschaft immer mit Zuneigung belohnt. Im betriebswirtschaftlichen Sinne bedeutet diese Zuneigung ein Reputationsgewinn, der sich in Kundentreue und Zufriedenheit niederschlägt.
Kann Solidarität gesteuert werden?
Solidarität kann nicht nur gesteuert werden, sie muss es sogar. Ganz allgemeine Solidarität verpufft oft in Lippenbekenntnisse und Absichtserklärungen. Taten können oft nicht folgen. Entscheidend für den Erfolg von Solidarität ist der richtige Einsatz der Ressourcen: Mit wem sollte ich mich solidarisch erklären? Wo ist meine Solidarität richtig eingesetzt? Wo kann ich sinnvoll (für die Gesellschaft, für die betroffenen und nicht zuletzt für meine Unternehmen) helfen? Wer sind die richtigen Ansprechpartner? Wie kann ich solidarisch auch zu meinem eigenen Nutzen sein, ohne das Risiko des Greenwashings einzugehen? Mit Solidaritätsmanagement können Unternehmen einen gezielten, effektiven und effizienten Beitrag leisten – in guten und in schlechten Zeiten.
Was kann ein Unternehmen jetzt noch mit Solidaritätsmanagement erreichen?
Zunächst müssen sich die Unternehmenslenker Gedanken darüber machen, welche Rolle sie und ihr Unternehmen in Zukunft in der Gesellschaft spielen wollen und wie groß der Gestaltungsrahmen für sie sein kann. Gesellschaft, Politik und Organisationen sind zur Zeit damit beschäftigt, akute Probleme lösen, hierbei können sich Unternehmen aktiv einbringen. Diese Maßnahmen sollten so ausgewählt und eingesetzt werden, dass sie glaubwürdig sind, zu den Zielen, Fähigkeiten und Ressourcen des Unternehmens passen und über jeden PR-Verdacht erhaben sind.
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Solidarität Made in Hamburg
Viele Hamburger Unternehmen haben in den vergangenen Wochen bereits gezeigt, was Solidarität für Sie bedeutet und zahlreiche Aktionen gestartet, um gemeinsam durch die Krise zu kommen.
Der Hamburger Online-Händler About you bietet ab Ende April Alltagsmasken zum Selbstkostenpreis an und zeigt sich damit solidarisch mit einer Gesellschaft, in der der Bedarf an derartigen Masken stark gestiegen ist.
Das Stilwerk öffnet seinen Onlineshop und hilft damit kleinen stationären Händler ohne eigenen Onlineshop durch die Krise.
Die Europcar Mobility Group unterstützt mit dem Programm „Together” Personal in systemrelevanten Berufen mit Sonderraten.
Die Kitchen Guerillas helfen mit ihrer #SoliKüche Wohnungslosen und Bedürftigen mit Essenspaketen.
In der Hanseatischen Gourmetaktie haben sich junge Hamburger Restaurants wie z.B. Hobenköök zusammengeschlossen, um gemeinsam einen Weg zu finden, die Krise trotz großer wirtschaftlicher Einbußen zu überstehen.
Das Hotel Wedina in St. Georg stellt seine Zimmer zu vergünstigten Konditionen z.B. für Workspaces und Mitarbeiterunterbringung von Krankenhäusern, Laboren oder Pflegeeinrichtungen zur Verfügung