Das Image der Imagemacher – Der PR-Berater im Hollywoodfilm
In diesem Blog geht es um zwei amerikanische Filme, die das Image des PR-Beraters von unterschiedlichen Seiten beleuchten: Thank You for Smoking und Hancock. Schauen wir uns an, wie es zugehen kann in dieser Branche. Und wo stehen wir eigentlich als PR-Agentur?
Moralische Flexibilität?
Thank You for Smoking ist eine humorvolle, gewitzte Filmsatire, in der Protagonist Nick Naylor, Lobbyist der Tabakindustrie und Pressesprecher der Akademie für Tabakstudien, das Rauchen propagiert. Von vornherein ist klar: Hier geht es um ein sehr heikles und heißes Thema. Die Pläne der EU zu einer neuen Tabakproduktrichtlinie sind in vollem Gange, die Tabakfirmen kämpfen für ihr Markenimage, Raucher bäumen sich gegen Rauchverbote auf, Nichtraucher setzen sich lautstark für sie ein. Da Rauchen in der modernen Gesellschaft größtenteils verpönt ist und heftig kritisiert wird, wird Naylor im Film wohl nicht gut wegkommen. Deshalb sei gleich hier betont, dass zum Glück nicht alle PR-Berater so moralisch flexibel sind.
Nick Naylors ist dafür zuständig, den Ruf der Zigarette aufzupolieren. Deshalb spielt er die gesundheitlichen Risiken des Rauchens runter, nach dem Motto: Zigaretten sind cool. Darin ist er ziemlich erfolgreich („Mit guten Argumenten hat man immer Recht.“). Und er kennt so gut wie keine Grenzen – da kommt es schon mal vor, dass er von Tabakgegnern entführt und mit Nikotinpflastern beklebt wird, was ihn beinahe das Leben kostet; oder dass er den ehemaligen Marlboro-Mann finanziell erpressen muss, damit dieser keine Gefahr mehr darstellt. Nick Naylor sagt und tut alles, was sein muss, um das Image der Tabakindustrie zu verbessern. Sein Boss bringt es auf den Punkt: „Ihr Job besteht darin, Geheimnisse zu bewahren und die Wahrheit zu verdrängen.“ Das hört sich nicht nach einer sehr schmeichelhaften Tätigkeit an.
In der Tat: mit einer 50-Millionen-Nichtraucher-Kampagne für Teenager soll offiziell verhindert werden, dass Jugendliche mit dem Rauchen anfangen – insgeheim hoffen Naylor und sein Boss natürlich, dass der Erfolg sich in Grenzen hält, denn je mehr Menschen rauchen, desto besser. „Egoistische Skrupellosigkeit“, würden Anti-Tabak-Aktivisten und Wirtschaftsethiker skandieren. Naylors Image als PR-Berater der Tabakindustrie erscheint auch mit einem Blick auf sein Umfeld nicht besser: er ist Mitglied im TAG-Team („tödlich, aber gut“), einem Stammtisch bestehend aus seinen zwei einzigen Freunden, Vertretern der Alkohol- und Waffenindustrie. Böse Menschen also.
Und solche Menschen werden von der Öffentlichkeit verachtet und kritisiert. Naylor muss sich in einer Talkshow wütenden Beschimpfungen aussetzen; der neue Mann seiner Ex-Frau, natürlich Arzt, drängt ihn das Rauchen aufzugeben; eine Journalistin verführt ihn, um einen bösen Artikel über ihn zu veröffentlichen; und der Senator von Vermont setzt sich für abschreckende Fotos auf Zigarettenpackungen ein (in der EU würde man ihn mit Kusshänden empfangen). Naylor ist jedoch so gut in seinem Job, dass er sie alle aussticht. Denn er weiß, dass es nicht darum geht, den Gegner zu überzeugen, sondern die Zielgruppe zu erreichen und zu zeigen, dass der Gegner sich irrt – denn damit habe man selbst automatisch Recht. Ein gerissenes Spiel.
Thank You for Smoking zeigt ein deprimierendes Bild der PR-Branche. Naylor ist ein sympathischer, intelligenter, wortgewitzter und durchsetzungsfähiger Mann – der sich dazu entschieden hat, seine Talente für die Imageverbesserung einer Branche einzusetzen, deren Ruf schlecht und Umsatz groß ist, und die ihm somit sichere Arbeit, Erfolg und Geld bietet.
Rettung der Welt?
Eine positivere Darstellung eines PR-Beraters finden wir im Film Hancock. Während Nick Naylor sich als egoistischer und geldgeiler Experte seines Berufsfeldes, der Medienindustrie, der Politik, der Wirtschaft, und natürlich der Tabakbrache präsentiert hat, tritt hier ein PR-Berater auf, der sich für das „Gute“ in der Welt stark macht. Haben wir zuvor von egoistischer Skrupellosigkeit geredet, so geht es nun um gutmütige Naivität.
Hancock ist ein „Superhelden-Film“, was wohl heißt, dass von Action bis Romcom so gut wie alles dabei ist. John Hancock kann fliegen, ist unglaublich stark, quasi unverwundbar und unsterblich. Er leidet jedoch unter Aggressionen und trinkt zuviel, weshalb er häufig großen Schaden anrichtet. Die Bevölkerung seiner Heimatstadt L.A. verachtet ihn immer mehr. Bis er auf den PR-Berater Ray Embrey stößt.
Embrey hat es sich nicht wie Naylor zur Aufgabe gemacht, Negatives unter den Teppich zu kehren und Schlechtes zu verharmlosen: er möchte die Welt verbessern, sie retten, bestenfalls zusammen mit seinem neuen Kunden dem Superhelden. Mit der Kampagne „Ein Herz für alle“ will er das Image von Unternehmen aufbessern, indem er sie als Weltenretter verkauft – sie sollen ein Medikament für bedürftige Menschen umsonst anbieten. Der Vorschlag stößt nicht auf Begeisterung. Embrey behält jedoch seinen gütigen Enthusiasmus und hält bis zum Schluss an seiner Idee fest.
Hancock wird dank Embreys Analyse des Superhelden („Du bist ein Arschloch.“) mit nur zwei gelungenen Maßnahmen so populär wie nie zuvor. Schritt Nr. 1: Hancock geht ins Gefängnis bis die Kriminalitäts- und Unfallrate in L.A. so anstiegen ist, dass der Polizeichef ihn um Hilfe anfleht und ihn aus dem Gefängnis holt. Schritt Nr. 2: Ein Superhelden-Kostüm für den lässig-coolen, kompetenten Auftritt. Und zack, das Volk liebt ihn.
Da Embrey ein so erfolgreicher PR-Berater ist, hat er Hancocks Image schon nach 30 Filmminuten komplett wiederhergestellt. Leider, denn den Rest des Filmes muss er nun im Hintergrund verbringen und zusehen, wie seine (plötzlich) superheldenhafte Frau mit Hancock anbändelt und beide in zahlreichen Action-Szenen nur knapp dem Tod entrinnen. Am Ende ist trotzdem alles wieder gut, und Hancock, zu neuer Stärke erwacht, brandet den Mond mit dem „Ein Herz für alle“-Symbol – für Embrey. Hach.
Hancock ist pure Unterhaltung. Im Gegensatz zu Thank You for Smoking geht es hier nicht um die satirisch-kritische Darstellung von Berufsbild, Branche, Medien, Politik, etc. Embrey ist zufälligerweise ein „guter“ Mensch und zufälligerweise PR-Berater. Nach 30 Minuten war seine Geschichte erzählt, und das ist ok.
Gefestigte Werte
Wer entscheidet eigentlich, was moralisch vertretbar ist? Kann ein PR-Berater guten Gewissens für ein Tabakunternehmen arbeiten, wenn er dabei auf grundlegende Werte wie Ehrlichkeit achtet? Oder sollte er lieber für die kleinen Davids kämpfen, anstatt sich auf Goliaths Seite zu stellen? Es liegt wohl ganz bei ihm, denn wir entscheiden für uns selbst. Unsere Chefin pflegt zu sagen, dass wir uns hier in unserer Agentur auf einer kleinen Insel der Glückseligkeit befinden, die von Haien umtummelt wird. Gerade in der PR-Welt muss man aufpassen, dass man nicht angegriffen und zerstört wird, und den eigenen Idealen treu bleibt. Deshalb legen wir in unserer Agentur besonders Wert auf Ehrlichkeit und Verantwortung.
von Sarah Bungert