Agenda Surfing – Reiten auf der öffentlichen Welle

Timing ist bekanntlich alles. Das gilt beim Kuchenbacken ebenso wie bei der Parkplatz- und Wohnungssuche, auf Bahnreisen und in Beziehungen. In der Kommunikation ist es genauso. Das richtige Timing kann entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer Kampagne haben.

2019 ist DAS Jahr für Fans der extrem beliebten Fantasy Serie Game of Thrones. Fast zehn Jahre mussten sie warten, um endlich zu erfahren, wer es am Ende auf den eisernen Thron von Westeros schafft. Über Wochen gab es fast täglich News rund um Jon Snow, Daenerys Targaryen und Tyrion Lannister. Kaum verwunderlich also, dass viele Marken auf der Welle der Berichterstattung mitgeritten sind und die bereits vorhandenen Aufmerksamkeit genutzt und auf eigene Inhalte gelenkt haben. Agenda Surfing nennt sich diese Strategie.

Johnny White Walker und Targaryen Sneaker

Die Whiskey-Marke Johnny Walker ließ sich von den blauäugigen Untoten inspirieren, die die Bevölkerung von Westeros in Angst und Schrecken versetzt, den White Walkers.

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Aldi UK ließ Wildlinge für Toilettenpapier werben.

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Sogar die Tourismus Gesellschaft von Ostfriesland nutzte den Hype um die Erfolgsserie und veröffentlichte einen PR-Film im Stil des Game of Thrones Vorspannes.

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Auch Oreo nahm sich den markanten Vorspann vor und kreierte eine Version aus Keksen.

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Adidas widmete den Adelshäusern von Westeros eine eigene Sneaker-Kollektion.

Es gibt immer etwas zu erzählen

Der Begriff Agenda Surfing stammt aus der Politik- und Medienwissenschaft. Abgeleitet wurde er vom Agenda Setting, bei dem es darum geht, gezielt Themen zu setzen und eine Berichterstattung anzustoßen. Da es sehr schwierig ist, ein eigenes Thema auf die umkämpfte öffentliche Agenda zu bringen, lohnt es sich, einen Blick auf die Themen zu werfen, die dort bereits bestehen. Diese Themen gibt es zu Hauf und sie schlagen Wellen, auf denen es sich hervorragend mitsurfen lässt. Klassiker sind Feiertage wie Weihnachten, Halloween oder der Valentinstag. Auch besondere Ereignisse und Events, wie zum Beispiel eine Fußballweltmeisterschaft eignen sich bestens für eine Agenda Surfing Strategie. Wichtig ist eine vorausschauende Planung und kontinuierliches Monitoring der öffentlichen Agenda, denn nicht alle Themen lassen sich schon zu Jahresbeginn mit festen Daten auf dem Terminplan festmachen.

Surfen oder Kapern?

Es gibt Themen, die so plötzlich und unvorhergesehen auf der öffentlichen Agenda erscheinen, dass die Planung großer Kampagnen unmöglich, weil zu zeitaufwändig wird. Wer diese trotzdem für das eigene Marketing nutzen will, muss schnell und flexibel reagieren können. Die Themen-Wellen, die hier ausgelöst werden, können ebenso kurzlebig wie mächtig sein. Agenda Surfing wird zu Newsjacking (übersetzt: Nachrichtenkapern).

Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es entscheidende Unterschiede. Newsjacking nutzt eine konkrete Neuigkeit, um Aufmerksamkeit für eigene Inhalte zu erzeugen, Agenda Surfing nutzt grobe Themenkomplexe. Newsjacking ist dadurch deutlich pointierter und spontaner, birgt aber auch höhere Risiken. Ein Risiko ist die sehr geringe Planungssicherheit. Ein weiteres ist die Auslösung ungewollter Kontroversen, da Nachrichten oft einen negativen Charakter haben. Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Für Unternehmen kann das schnell zum Drahtseilakt werden. Wie man diesen meistert zeigt Sixt. Der Autovermieter nutzt zum Beispiel politische Skandale wie die Ibiza-Affäre um FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache oder die rassistische Äußerung von AfD-Politiker Alexander Gauland für spitze Mini-Kampagnen und erklärt GDL-Chef Claus Weselsky während des Bahnstreiks zum Mitarbeiter des Monats.