„Alaaf“ – So kommuniziert Konstruktiv PR im Rheinland

Wie sind wieder mittendrin und die Herzen echter Karnevalisten schlagen höher: In den rheinländischen Karnevalshochburgen wird geschunkelt, gesungen, getanzt und gebützt [1] was das Zeug hält. Rund hunderttausend bunt verkleidete Jecken [2] verwandeln die Innenstädte in ein Tollhaus, die Lokalpolitiker haben die Macht an die Tollitäten abgegeben. Diese besondere Atmosphäre ist für Nichtkarnevalisten aus anderen Regionen manchmal schwer nachvollziehbar. Beschreiben lässt sie sich in der Tat kaum. Aber sie lässt sich erfühlen, wenn man dabei ist.

Und dabei sein ist leicht, wenn man nur drei Grundregeln der Kommunikation beachtet:

1) „Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort“

„Alaaf!“ erklingt der typische Jeckenruf. „Alaaf“ ist der kommunikative Code, die Eintrittskarte in die Gemeinschaft. „Alaaf“ dient der Begrüßung, Verabschiedung und vor allem der Bekundung der Gemeinschaftszugehörigkeit. Wird dem „alaaf“ eine zu würdigende Person, Sache oder ein Ort vorangestellt, bedeutet es so viel wie „es lebe“: „Bonn alaaf!“. Ein „alaaf“ ist absolut steigerungsfähig, doch in der Regel ist bei drei Schluss („Dreemol Kölle alaaf!“), denn bis dahin kann man auch nach ein paar Gläsern Kölsch noch einigermaßen fehlerfrei zählen. Achtung: Ein absoluter kommunikativer Fauxpas ist es, in Bonn und Köln „helau“ zu rufen. Damit ist der Jeck in Düsseldorf besser aufgehoben. – Kommunikationsregel Nr. 1: Verwenden Sie den regional gängigen Karnevalsruf, und schon sind Sie dabei.

2) „An Karneval maskiert man sich, damit man die Maske fallen lassen kann.“

Die Verkleidung ist Pflicht. Mit Ihrer Verkleidung signalisieren Sie: Ich bin bereit zum Mitfeiern. Dabei ist es zunächst einmal egal, ob Sie als Duschvorhang, Stadtsoldat, Krankenschwester, Pipi Langstrumpf oder Anonymus erscheinen. Die rote Pappnase ist Minimalvoraussetzung, die Schildkötensuppe als Paar-Kostüm schon eher was für Fortgeschrittene. Die Verkleidung sagt mitunter eine ganze Menge über ihre Träger aus. Viele Jecken nutzen die Gelegenheit, kostümiert eine ganz andere Seite von sich zeigen. Auf jeden Fall ist das Kostüm immer wieder ein willkommener Anlass, ins Gespräch zu kommen.  – Kommunikationsregel Nr. 2: Wählen Sie eine Verkleidung, zu der Sie was zu sagen haben.

3) „Drink doch ene mit, stell dich nit esu ann“

Abseits des organisierten karnevalistischen Treibens in Form von Sitzungen und Umzügen schlägt das Herz des rheinländischen Karnevals auf den Straßen und in den Kneipen: ausgelassene, singende und tanzende Menschen, quer durch alle Generationen. Zur Stimmung tragen wesentlich die Karnevalslieder bei, die viel über die Mentalität der Rheinländer aussagen. Eine gewisse Grundkenntnis der Texte ist daher hilfreich, allein schon, um die atemberaubende Geschwindigkeit nachvollziehen zu können, mit der die Stimmung im Publikum je nach Lied wechselt. Während bei „Superjeile Zick“ (Supergeile Zeit) noch lauthals alle mitgröhlen und zu „Echte Fründe“ (Echte Freunde) die Hände klatschend zusammenschlagen, haben auch Hartgesottene Tränen der Melancholie in den Augen, wenn im Klassiker „En unserem Veedel“ (In unserem Viertel) der Zusammenhalt in der Nachbarschaft besungen wird. – Kommunikationsegel Nr. 3: Auch wer nicht alle Texte versteht, sollte sich auf die integrierende Kernbotschaft einlassen, die die Kölner Kultband Bläck Fööss treffend formuliert hat: „Drink doch ene met, stell dich nit esu ann, hässt du och kei Jeld, dat is janz ejal, drink doch met unn kümmer disch net drümm.“ (Trink doch ein Glas mit, stell dich nicht so an, hast du auch kein Geld, das ist ganz egal, trink doch mit und kümmere dich nicht darum.)

In diesem Sinne rufe ich aus dem Bonner Büro von Konstruktiv PR ein dreifaches „alaaf!“ – an alle, die es hören möchten.

[1] Bützchen: Küsschen mit geschlossenen Lippen; bützen: küssen

[2] Jeck: Person, die aktiv am Karneval teilnimmt; auch als Adjektiv gebräuchlich: jeck sein ist als Kompliment zu verstehen. Der Jeck nimmt die Dinge und auch sich selbst nicht bierernst.

Ursprünglich veröffentlicht am 9. November 2012, aktualisiert am 23. Februar 2017