Digitalisierung ist Fluch und Segen gleichermaßen. Wir müssen aufpassen, dass die Geister, die wir riefen, uns weiterhin dienen und nicht irgendwann beherrschen.
Digitalisierung macht alles so leicht und schnell. Wir haben durch sie Möglichkeiten, die den Sience-Fiction-Autor Philip K. Dick aus den Socken gehauen hätten. Wir können uns über Kontinente hinweg sehen und reden, fehlendes Wissen haben wir in Sekundenschnelle aufgefüllt und wir wissen, was unsere Verwandtschaft in den USA zum Abendessen auf dem Teller hatte. Ich liebe das und profitiere von der Digitalisierung – geschäftlich und privat. Sie scheint eine Zauberformel für Erfolg geworden zu sein. Was nicht Digitalisierung ist, ist Innovation und die hat ja in der Regel auch etwas mit Digitalisierung zu tun. Computer sind viel schneller und genauer als Menschen. Sie können lernen und sind mit ihren Entscheidungen rein rational gesehen besser als der Mensch. Eigentlich ja ganz praktisch – eigentlich.
Wir sollten die Digitalisierung nicht überschätzen. Bits und Bites sind an oder aus, eins oder null. Dazwischen ist absolut nichts. Keine Emotion, keine Empathie, keine Moral, kein Gefühl. Sicher können wir die Computer mit so vielen Daten füttern, dass sie auch moralisch einwandfreie Entscheidungen treffen können. Entscheidungen treffen heißt herrschen, bestimmen, wo’s lang geht. Wollen wir uns wirklich von Maschinen lenken lassen? Ich nicht. Computer können besser rechnen, wir können besser fühlen. In unseren Genen haben sich die Erfahrungen von Generationen niedergeschlagen (Epigenetik). Welche genau das sind wissen wir nicht, also können wir diese Informationen auch nicht weiter geben.
Optimal ist für mich die Kombination: Der Computer macht Vorschläge, die Entscheidung treffe ich. Dazu gehört Mut. Mut, anders als die Empfehlung zu entscheiden. War die Entscheidung falsch, müssen wir dafür gerade stehen. Es wäre viel einfacher, sich mit der Entschuldigung zu rechtfertigen, der Computer habe es empfohlen. Und wir wären ruckzuck Erfüllungsgehilfen von Maschinen. Woher käme dann ein großer Meister, um die Geister der Digitalisierung, die wir riefen, wieder in ihre Ecke zu verweisen?
Minou Tikrani, Alumnus, Geschäftsführerin Konstruktiv PR