Zu behaupten, es wäre schick, wäre wohl übertrieben. Obwohl: Man befindet sich in der Insolvenz in bester Gesellschaft. 2014 haben in Deutschland rund 24.000 Unternehmen Zahlungsunfähigkeit angemeldet, darunter große, traditionsreiche, renommierte Firmen. Die Insolvenz, die Pleite, der Bankrott – das ist der schlimmste Albtraum eines Unternehmers. Sie wird in der Regel gleichgesetzt mit Versagen, Unvermögen, Verantwortungslosigkeit. Kann ein insolventer Kaufmann ehrbar sein?
Artikel 9, Absatz 2 der Satzung der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg (VEEK) schließt das zunächst einmal aus: Mitglied kann nur werden oder bleiben, wer „sich nicht im Zustand der Zahungsunfähigkeit oder Überschuldung befindet“. In Einzelfällen kann das Präsidium über den Verbleib in der VEEK anders entscheiden, denn: In die Insolvenz geraten zu sein, bedeutet eben nicht zwangsläufig, dass der betroffene Kaufmann unehrenhaft oder gar betrügerisch gehandelt hat. Für eine Zahlungsunfähigkeit gibt es viele Ursachen: säumig Kunden, Kursschwankungen, politische Krisen, rasante Marktveränderungen und nicht zuletzt Banken, die wenig kooperationsbereit sein wollen oder können.
Sicher, ein Kaufmann darf keine zu großen Risiken eingehen. Auf der anderen Seite muss er als Unternehmer mutig sein. Muss er mit dem allerschlimmsten rechnen? Hamburg möchte Start-up-Metropole sein. Viele der jungen, engagierten Gründer haben eine gute Idee, Risikobereitschaft und keinerlei Erfahrung in der Frührung eines Unternehmens. Das kann schon mal schief gehen.
In den USA ist eine Pleite kein Makel. Studien, so der US-Wissenschaftler Lester C. Thurow, würden zeigen, dass Geschäftsleute erst beim dritten Versuch wirklich Erfolg haben. Laut Hans Haarmeyer, Insolvenzrichter a.D. und heute Professor für Wirtschafts- und Insolvenzrecht, sei eine Insolvenzkultur in den angloamerikanischen Ländern fest verankert. Sie begreifen das Scheitern als eine normaler Begleiterscheinung.
Aufsteen, Flagge zeigen, beispielhaft vorangehen – das wird von einem ehrbaren Kaufmann erwartet, wenn er mit seinem Unternehmen in Schieflage geraten ist. Und selbst wenn der Unternehmer einen Fehler gemacht haben sollte: Muss er dann gleich geächtet werden? Insolvenzverwalter bemühen sich aufrichtig, Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht. Und häufig gelingt ein Neustart – wenn der Kaufmann sich auch in der Situation ehrbar verhält.
Wichtig in dieser Situation ist auch die aktive Steuerung der Reputation. In dieser sensiblen Lage ist die Kommunikation mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern eines der wichtigsten Erfolgsfaktoren, wenn das Unternehmen nicht in einen Sog geraten möchte. Die Kommunikation bei Insolvenzverfahren gehört zu unseren Kernkompetenzen. Wir unterstüzen die Insolvenzverwalter ab Anordnungen der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Beratung, aktiver Pressearbeit, bei der Mitarbeiterkommunikation und der Direktkommunikation mit Kunden und Lieferanten.
Erschienen auch in der Oktober-Ausgabe 2015 der Zeitschrift Hamburger Wirtschaft